Eine Fechsung von Ritter Fugenbold († 21.11. a. U. 156) des hohen Reyches Budissa am 28.10.2006
Als 18 jähriger lernte ich 1947 in Leipzig ein Zahnarzt-Ehepaar kennen, das als Untermieter in die Wohnung meines Onkels gekommen war. Das Ehepaar Rotil stammte aus Neutitschern in Mährisch-Schlesien. Herr Dr. Rotil las oft in einem Buch mit dem Titel „Allschlaraffische Stammrolle“.
Als ich ihm einige Fragen zu diesem Buch stellte, erzählte mir Herr Dr. Rotil, der spätere Ritter Gebissmark der guscheiserne Kanzler der Lipsia, einiges über den Bund Schlaraffia, dem er schon in seiner Heimat Neutitschein begetreten war, über die Ziele, die 3 Ideale von Schlaraffia, über das Ceremoniale, einige Brocken Schlaraffenlatain u.s.w.
So speicherte sich bei mir allmählich Wissen um und über Schlaraffia an.
Im Jahre 1952 verließ ich Leipzig und trat die Kantorenstelle in Löbau an, von wo ich 1965 an das Domkorat in der Nachbarstadt Bautzen wechselte. Dort traf ich bei einem Geburtstagsbesuch bei einem meiner Chorsänger einen bautzener Zahnarzt, dessen besondere Ausdrucksweise bei mir den Verdacht auslöste, dass er Schlaraffe sein könnte. Meine in gebotener DDR-Vorsicht gestellte Frage, ob er Schlaraffe sei, wurde ebenso vorsichtig bejaht.
Kurz danach erhielt ich Besuch von Herrn Dr. Bergelt, dem letzten Ritter der alten Budissa. Sein Rittername war Ruck-Zuck. Letztlich führte dies zu meiner Aufnahme in die Schlaraffia Budissa als Knappe Nr. 70 in der Jahrung a. U. 114. 5 Jahrungen danach ritt dieser letzte Budissa-Ritter gen Ahall. Ein Knappe und ich als Junker standen nun ganz allein in der Budissa da. Das hohe Reych Castrum Plaviense nahm uns unter seine Fittiche, und Ritter Confectio schlug mich wenig später auf einem plauener Dachboden zum Ritter Fugenbold der Budissa.
Ich hatte auch das, leider nur sehr spärlich ausgestattete, Archiv der Budissa zu verwalten. Es fand sich eine Allschlaraffische Stammrolle von a. U. 72/73, drei alte Schlaraffenpässe, ein von Rt, Ruck-Zuck im Kriegsjahr 1944 angelegtes Schmierbuch, alte Orden und wenige Ahnen der Budissa, sowie einige Fotos darin.
Das ist für einen Budissa-, geschweige denn Dresdensia-Forscher doch recht wenig.
In der Allschlaraffischen Stammrolle a. U. 72/73 fielen mir bei der Schlaraffia Dresdensia in meiner Geburtsstadt Dresden drei profane Namen auf, deren träger ich vor meiner bautzener Zeit kennengelernt hatte, zwar seit 1947 wissend um Schlaraffia, aber nicht wissend, das diese drei Männer dem Bund Schlaraffia angehört hatten. Ich hatte damals kennengelernt:
- Den in Dresden-Strehlen im Hause meiner Verwandten wohnenden Regierungsbaurat a.D. Max Gaul Rt. Bitt ums Wort, Oberschlaraffe der Dresdensia, maßgeblich an der Durchführung des 50. Stiftungsfestes der Dresdensia am 27.10. a. U. 72 / 1931 beteiligt.
- Bei Orgel-Fachtagungen gab es Begegnungen mit Herrn Joseph Wagner, dem Organisten der Kath. Hofkirche zu Dresden und Spieler der dortigen Silbermann-Orgel, einem sehr originellen und liebenswerten älteren Kollegen. Er war der Dresdensia-Ritter Manual der Reingestimmte, er war auch der Zinkenmeister seines Reyches.
- Ich lernte in Löbau kennen den Handelsvertreter Oskar Rolle, der auch in Oberlausitzer Mundart schriftstellerte. Er war der Dresdensia-Ritter Ballon der Reimeweber, der auch Ehrenritter der Gorlicia war. Von ihm wird später noch kurz zu sprechen sein.
Im Archiv unseres Reyches sind die Schlaraffenpässe des ErbJ. Rt. Immerda, von Rt. Kreuzschwert und des Rt. Ruck-Zuck vorhanden, die durch Einträge oder Einkleber der Dresdensia über das Sippungsgeschehen in der Dresdensia Auskunft geben. Ich beschränke mich auf die Einträge der Jahre 1931 bis zum Verbot Schlaraffias im Jahre 1937.
- Am 17. des Lenzmondes a.U. 71 (1931) fand das 50. Stiftungsfest der Dresdensia statt. Ein Bericht darüber ist nachzulesen in DSZ Nr. 656 vom 16.1. a.U. 73 (1032).
- Am 16. des Hornung a.U. 75 (1934) war die 1500. Sippungder Dresdensia mit GU-Feier für Großfürst Herjemerschnee. Dabei Einritt der Budissa.
- Uhubaumfeier am 29.12. a.U. 75, an der ein Fähnlein der Budissa einritt.
- Das hohe Reych Budissa erküt am 19.1. a.U. 76 (1935) in einer kombinierten Grenzlandsippung, wo ein starkes Fähnlein der Dresdensia eingeritten war, den Rt So-Solid der Dresdensia zum Ehrenritter.
- Am 3.3.a.U. 76 war in der Dresdensia eine dreifache Ursippenfeier.
- Am 4. des Ostermondes a. U. 77 werden der Bundesführer der Deutschen Schlaraffia, Rt Pfiffikus, Lipsia, und die Budissa-Ritter St. Heinrich, Neander und Fein-fein zu Ehrehrittern der Dresdensia erkührt.
- Freundschaftssippung der Grenzland_Reyche in der Dresdensia am 7. des Windmondes a.U. 77 (1936) mit GU-Feier. Zu dem nach 1933 zusammengeschlossenen Ring der Grenzland-Reyche gehörten die Ryche Dresdensia, Castellum Misniense, Budissa, Zittana, Gorlicia, Spreaberga und Godebuz. Solche kombinierten Sippungen fanden etwa 2 X im Jahr statt und wechselten von Reych nzu Reych. Sie dienten zur Stärkung des Zusammenhaltes der kleiner gewordenen Reyche.
- Letzte Uhubaumfeier vor dem Schlaraffia-Verbot am 28. des Christmondes a.U. 77 (1936).
- Letzte Sippung der Dresdensia am 27. des Hornung a.U. 78 (1937), verbunden mit Ritterschlag. So lautet die Eintragung im Schlaraffenpass des Rt. Ruck-Zuck:
Schlaraffia Dresdensia 1588. Sippung am 27. 2. a. U. 78
ABSCHIED
Ritterschlag
Mit wehmütigem letzten LULU
Das Kanzellar-Ambt der Dresdensia Goliath
Die in den Schlaraffenpässen der alten Budissa-Sassen enthaltenen Einträge dokumentieren die enge Verbundenheit des Tochterreyches Budissa zum Mutterreych Dresdensia.
Nach dem letzten Eintrag vom 27.2. a. U. 78 (1936) liegen uns keine Nachrichten mehr über irgendwelche spätere Zusammenkünfte des Dresdensia-Sassen vor.
Im profanen Jahr 1944 legte der Rt. Ruck-Zuck ein neues Schmierbuch für die Budissa an. Es beginnt am 24. des Brachmondes a. U. 85 (1944) und enthält alle Einträge von Sippungen oder Kristallinen bis hin zu Budissas 100-Jahrungen Feyer am 9.5. a.U. 139 (1998).
In dieses Schmierbuch haben sich innerhalb eines halben Jahres 10 Getreue der alten Budissa eingetragen. Gleich zu Anfang der Sippung am 24. des Brachmondes a.U.85 1944) taucht ein Rittername aus der Dresdensia auf: der im Vademecum der Dresdensia a.U. 64 verzeichnete, aber in der Allschlaraffischen Stammrolle a.U. 72/73 nicht mehr genannte Rt. Pebecco der Wurzelsepp, profan Zahnarzt Dr. Albrecht Herklotz, wohnhaft in Pillnitz. Im Schmierbuch trug er am 24.6.1944 (a.U. 85) eine Fechsung ein, von welcher ich einen Auszug vorlese:
Rt. Pebecco (33) 24.6. 1944
Wie könt ich Dein vergessen, Schlaraffisch Wunderland !
Du hast mich einst besessen, Dir gab ich Herz und Hand !
Heut liegst du stumm verlassen, in Nebel und in Nacht.
Ich mag es nimmer fassen, warum man dies gemacht.
Schlaraffen hört mein Mahnen, mein Rufen in der Not.
Im Innern schwingt ein Ahnen, Schlaraffia ist nicht tot.
Schlaraffia will leben,von Uhu`s Geist umhegt.
Noch wird ein geistig streben, Kunst und Humor gepflegt.
Das Reych konnt man uns rauben, nicht aber das Idol UHU !
Fest bleibt uns unser Glauben: Das Herz gehört dazu!
Könnt ihr es nun ermessen, an wen ich mich gewandt ?
Wie könnt ich dein vergessen, Schlaraffisch Wunderland.
Am 28.10. 1944 war Rt Pebecco mit Burgfrau wieder bei seinen Schlaraffenbrüdern in Bautzen und nahm auch mit seiner Burgfrau an der Silvester-Sippung 1944/45 der Budissa teil. Nicht vorenthalten möchte ich Euch die Fechsung des Rt. Ruck-Zuck zum Jahreswechsel 1944/45:
Ein schweres Jahr, es geht zu Ende
Mit seiner Last und seinem Leid,
und band es mir auch fast die Hände,
der alte Geist besiegt die Zeit.
Erinnerung an bessere Tage,
bau`s mit in aller Freundschaft Zier.
Solang wir leben, lasst das Klagen,
Schlaraffen hört ! Noch leben wir
Rt Ruck-Zuck
Es folgt das Inferno des Frühjahrs 1945 mit vorangegangenem Bombardement von Dresden und einer Zwangspause von 2 Jahren. Ab 5.1.1947 sippte man in der Budissa wieder regelmäßig , etwa 8 X pro Jahrung. Noch 2 X erscheint der Rt. Pebecco (geb. 22.6.1890) im Schmierbuch der Budissa: am 27. des Erntemondes a.U. 91 (1950) und am 11. des Herbstmondes a. U. 96 (1955), wo die Budissa Sippung in der Heimburg des Rt. Pebecco in Pillnitz celebriert wurde.
Ab a.U. 91 (1950) taucht auch der Dresdensia-Ritter Ballon aus Löbau im Schmierbuch der Budissa auf: Im Zeitraum vom 1. 4. a.U. 91 (1950) bis zum 22.10. a.U.97 (1956) ist der Eintrag des Rt. Ballon der Reimeweber (geb.28. 8.1880) insgesamt 13 X verzeichnet. Am 26. 8.1958 (a.U. 99) ist der Rt. Ballon gen Ahall geritten.
In einem Verzeichnis des Schlaraffischen Hilfswerkes in Deutschland, enthaltend die in der DDR um 1956 lebenden Schlaraffen sind 11 Sassen der alten Dresdensia aufgeführt, u.a. Rt. Bitt ums Wort, Redeflut, Goliath, Type und Manual.
Es erhebt sich heute 50 Jahre danach, die Frage, ob diese alten Dresdensia Sassen nach 1945 noch zusammengekommen sind. Wenn ja, haben sie darüber so viel Stillschweigen bewahrt, dass, nichts aber auch gar nichts zu einer Ausstrahlung oder zu einem Kontakt zu anderen noch zusammenkommenden Schlaraffen der sächsischen Reyche Lipsia, Budissa, Castellum Misniense, Kemnitzia, Glauchavia oder Castrum Plaviense geführt hat? Sollten die beiden gen Budissa gerittenen Freunde von der Dresdensia Rt. Pebecco und Rt. Ballon von der Dresdensia wirklich nur Einzelgänger gewesen sein? Können wir Hoffnung haben, dass sich eines Tages dieses Rätzel löst?
Gebe es UHU !
Rt Fugenbold